Rückblick Herbstseminar 2022 – Klimaschutz im Sportverein: Keine Imagepflege sondern Selbstverständnis
Die spürbare Klimakrise und die durch den Ukraine-Krieg eingeschränkte Gasversorgung sind für Sportvereine das Thema der Stunde.
Passend dazu stand das Herbstseminar des Freiburger Kreises vom 15. bis 17. September in den Sportzentren des ETV Hamburg ganz im Zeichen des Klimaschutzes und der Frage, wie der Transformationsprozess zu Klimaneutralität in Vereinen praktisch umgesetzt werden kann.
Mehr als 200 Teilnehmende aus beinahe allen Bundesländern folgten der Einladung und diskutierten zu den wichtigsten Fragen unserer Zeit: Wie können FK-Vereine Projekte im
Bereich erneuerbare Energien schnell umsetzen? Wie können Mitglieder für mehr Klimaschutz sensibilisiert und aktiviert werden? Wie schafft ein Verein klimaneutral zu werden?
Externe Referent*innen von IMPCT, Sport for future und myclimate Deutschland zeigten auf, wie sehr die Zeit drängt und wie wichtig auch das Engagement auf kommunaler Ebene für
die Realisierung nachhaltiger Projekte ist. „FK Vereine vertreten über eine Million Menschen und verfügen über eine Vielzahl an Sportstätten. Eine enorme Kraft, die bei der Energiewende unbedingt mitgedacht werden sollte,“ bekräftigte Tanja Ferkau, Founder und CEO IMPCT gGmbH, Mitglied DFLTaskforce „Zukunft Profifußball“, ihr Anliegen
an die FK-Mitgliedsvereine.
Bei der Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen aus der Hamburger Landes- und Bundespolitik rückten auch die Themen aus dem Hier und Jetzt ins Zentrum des Geschehens. Hamburgs Innen- und Sportsenator Andy Grote unterstrich, dass für die Entwicklung der Gesellschaft nicht auf den Sport verzichtet werden könne: „Wie in der Corona-Krise werden auch
bei der Energiekrise Vereine in existenziellen Notlagen nicht allein gelassen.“ FK-Vorstandsvorsitzender Boris Schmidt ergänzte: „Wir FK-Vereine werden unseren Anteil zur Bewältigung der Energiekrise leisten, indem wir bestmöglich Energie sparen und in erneuerbare Energien investieren, aber dafür benötigen wir auch die Unterstützung des Staates.“ Ein Bundesförderprogramm für erneuerbare Energien würde enorme Potentiale bei der praktischen Umsetzung der Energiewende freisetzen.
Vom Reden zum Handeln kommen – Klimaschutz in Sportvereinen
Am nächsten Morgen kamen mit Jan Weckelmann (TSC Eintracht Dortmund, wurde digital zugeschaltet), Alina Cymer (TSV Bayer Leverkusen) und Barbara Bujka (SV Bayer
Uerdingen) die Klimaschutzbeauftragten der FK-Vereine zu Wort. Sie berichteten von den Herausforderungen, ehren- und hauptamtliche Mitarbeitende sowie Mitglieder für mehr
Klimaschutz in den Vereinen zu sensibilisieren und wie es gelingen könnte, Klimaschutz-Maßnahmen im Alltag und bei Projekten direkt mitzudenken. Beispielhafte Maßnahmen der
Vereine sind auf den Vereins-Websites unter dem Menüpunkt „Nachhaltigkeit“ einsehbar.
Danach stellten die FK-Partnerorganisationen myclimate Deutschland und Sports for Future die aktuellen Ergebnisse des CO2-Vereinsrechners vor. Seit etwa einem Jahr arbeitet man TSV Bayer Leverkusen, SV Bayer Uerdingen, SV Bayer Wuppertal, Oldenburger Turnerbund und TSC Eintracht Dortmund daran, den ökologischen Fußabdruck eines Vereins zu
analysieren und auszuwerten. Mithilfe der Ergebnisse sollen unter anderem die größten CO2-Treiber des Breitensports ermittelt werden sowie ein webbasierter CO2-Rechner für
Sportvereine entstehen.
Dabei werden unterschiedliche Facetten der Vereinswelt erfasst – zum Beispiel Gastronomie, Sport- und Büromaterialien, Abfall und Energieverbräuche. „Je mehr verschiedene Daten abgefragt werden, umso differenzierter ist am Ende das Ergebnis, aber auch umso länger wird später die Datenabfrage für Vereine dauern“, fasste Dr. Susanne Köhler die Herausforderungen des Projekts zusammen. Der CO2-Vereinsrechner soll im April 2023 freigeschaltet werden.
Bei den anschließenden drei Workshops waren die Teilnehmenden selbst gefragt, Ideen und Maßnahmen für mehr Klimaschutz auf Vereinsebene zu entwickeln.
Die Workshop-Themen im Überblick:
– Klimastrategie im Sport
– Involvieren und Sensibilisieren
– Klimaschutzprojekte und Kompensation
Innerhalb von jeweils einer Stunde erarbeiteten und diskutierten die Gruppen Themen, erste Handlungsfelder und in Angriff zu nehmende Maßnahmen zur Reduzierung der
Treibhausgase. Alle Ergebnisse dazu sind im Intranet der FK-Website herunterladbar.
Infobörse – Neues aus den FK-Vereinen
Am abschließenden Seminartag bot die Info-Börse interessante Einblicke in den Vereinsalltag der FK-Vereine. Allen voran zeigte Post SV Nürnberg die Ergebnisse des Erasmus+
Projekts DARE-O. Im Rahmen dieses Projekts möchte der Verein Outdoorsport und seine positiven Effekte auf den menschlichen Körper den Bürger*innen der Stadt Nürnberg
näherbringen. Darüber hinaus soll das Projekt europaweit bekannt gemacht und wissenschaftlich evaluiert werden, damit Kommunen und Sportorganisationen in ganz Europa von den Ergebnissen profitieren. Die Teilnehmen den des Herbstseminars erhielten einen Einblick in die bisher durchgeführten Aktionen, wie zum Beispiel die eigens entwickelte
App zur Kartographierung von Outdoor-Trainingsmöglichkeiten.
FK-Intern
Im Anschluss stellte Dr. Alexander Kiel im Programmpunkt „FK-Intern“ den CO2-Fußabdruck des Herbstseminars 2022 vor. Ein Teil der klimaschädlichen CO2-Emissionen lässt
sich bei Seminaren, wie zum Beispiel durch veganes Essen, vermeiden. Ein großer Teil jedoch ist und wird wohl weiter unvermeidbar bleiben. Bei einer typischen Veranstaltung entfallen auf An- und Abreise ca. 70 %, Unterkunft ca. 15 %, Ernährung ca. 10 %, Energiebedarf und Infrastruktur ca. 5 %.
Insgesamt wurden 30 Tonnen CO2 emittiert, die – so haben die Anwesenden entschieden – über Projekte von myclimate Deutschland kompensiert werden.
Umwelt schonen und Steuern sparen – vom
E-Mobil bis zur Photovoltaikanlage Das Interesse an erneuerbaren Energien ist aktuell besonders hoch. Umso wichtiger, dass auch steuerliche Aspekte entsprechend frühzeitig
mitgedacht werden. Horst Lienig hielt dabei auch bei diesem Herbstseminar den Abschlussvortrag und verdeutlichte anhand vieler Praxisbeispiele, was bei E-Mobilität, Blockheiz kraftwerk- oder Photovoltaikprojekten von FK-Vereinen beachtet werden sollte.
Als Gastgeber des Herbstseminars freute sich der ETV Hamburg über die rege Teilnahme und bot in den Sportzentren an der Bundesstraße und am neuen Standort Hoheluft ein
abwechslungsreiches Programm. „Großsportvereine können eine Schlüsselrolle bei der Klimakrise einnehmen,” erklärte Frank Fechner, 1. Vorsitzender des ETV Hamburg, unmit telbar nach dem Seminar. „Hier in den Sportvereinen erreichen wir die Menschen, die bereit sind, sich für mehr Klimaschutz zu engagieren, hier vor Ort können wir schon mit kleinen Maßnahmen aktiven Klimaschutz betreiben und natürlich können wir hier vor Ort den Ausbau von erneuerbaren Energien weiter voranbringen.“
Das nächste Frühjahrsseminar findet vom 4. bis 6. Mai 2023 in Mannheim statt. Gastgebender Verein ist der TSV Mannheim von 1846. Der Freiburger Kreis freut sich auch wieder
auf eine rege Teilnahme, viele interessante Gespräche und beispielhafte Projekte aus den FK-Vereinen.